Strom aufwärts: Mit E-Auto und Wohnwagen auf den Glockner

Wie Camping mit dem E-Auto funktioniert haben wir auf einer 1.800 Kilometer langen Rundfahrt mit dem Wohnwagengespann durch sieben österreichische Bundesländer in Erfahrung gebracht. Dabei sammelten wir ganz unterschiedliche, wertvolle Erfahrungen. Mit dem Gespann wurden drei auf Nachhaltigkeit zertifizierte Campingplätze angefahren und an 2 Tagen die Großglockner Hochalpenstraße erobert. Anstelle von Reichweiten-Sorgen fanden wir Ruhe und mehr als ausreichend Möglichkeiten zu laden. An den letzten 3 Tagen gab der Hyundai Ioniq 5 gar an 2 Caravans seine Kraft ab, kühlte die Lebensmittel und wärmte uns während Unwettern.
Donnerstag. Gespannt auf die ersten Meter mit E-Auto und Wohnwagen im Gespann starten wir von Wien nach Pinkafeld. Ein Zwischenstopp bei der Familie steht an, bevor wir den ersten Campingplatz in Kärnten anfahren.

Der Ioniq 5 hält einen „Trailer-Modus“ für drei unterschiedliche  Gewichtsklassen für uns bereit. Von leicht, mittel und schwer ähnelt letzterer unserem T@b, also wählen wir diesen. Die Reichweiten-Anzeige fällt um die Hälfte von 400 auf 200 km. Da uns heute nur 100 km bevorstehen fahren wir unbeschwert los. In Pinkafeld mit mehr als der Hälfte Restkapazität angekommen, stecken wir den Ioniq 5 in der Garage an 230 V an. Die Steckdose gibt nur 6A ab, weshalb der Ioniq 5 uns über 50 Stunden Restladezeit prognostiziert.

Das geht sich bis zur geplanten Abfahrt am nächsten Tag zu Mittag nicht aus. Dennoch lassen wir angesteckt und planen für den kommenden Tag einen Besuch bei der öffentlichen Ladestation am stillgelegten Bahnhof ein.

Freitag. Bevor wir den Ioniq 5 laden fahren wir noch ein Versuch mit dem NRGkick und einer anderen Steckdose, nun im Vorzimmer. Es fließen jetzt 2,8 kW ins Auto. Genau so viel, wie gerade von der hauseigenen Photovoltaik-Anlage generiert wird. Auch, wenn’s jetzt besser fließt, für die Abfahrt zu Mittag geht's sich so auch nicht mehr aus.

Die Ladestation am ehemaligen Bahnhof gibt für 35min 50 kW ab. Danach wird abgedreht, aber weiter verrechnet. Soweit dichten wir uns das am sehr schlecht lesbaren Display ab. Der Herr an der Serviceline bestätigt es. Muss man wissen. Ab zum teuren, aber schnellen Hypercharger (HPC) nahe der Autobahnabfahrt. Gut versteckt in einem Winkerl des kleinen Industriegrundstücks finden wir vier Trafos, die auf die Lade-Parkplätze hindeuten. Der T@b ist derweil abgekoppelt in Pinkafeld. Zum Glück, denn andernfalls wär’s tricky mit dem Gespann hier ein- und auszufahren. Hier fließen 220 kW für € 0,79/kWh in die Batterie.

Vollgeladen und ein bisserl verzögert, starten wir von Pinkafeld in Richtung Süden zum Alpencamp nach Kötschach-Mauthen los.
Die schwere Trailer-Mode spricht uns mehr Reichweite ab, als wir tatsächlich fahren. Das gibt uns ein sicheres Gefühl, wo wir uns immer noch auf unbekannten Pfaden bewegen.

Zum ersten Ladestopp bittet uns der Ioniq 5 bei Klagenfurt. Wir suchen einen Smatrics Hypercharger bei einem Penny-Parkplatz auf, den wir erst nach einer Runde am Parkplatz unter ein paar Bäumen ausfindig machen. Ein E-Kona steht am äußersten Ladeplatz, was uns erlaubt mit dem Gespann quer über 3 Ladeplätze zu stehen. Glücklicherweise kommt erst just in dem Moment als wir 100 % geladen sind ein ID-4 und möchte ein Stück vom Strom abhaben. Der Fahrer ist verdutzt ob der von uns blockierten Plätze. Beim Abkoppeln unterhalten wir uns über Schnelllademöglichkeiten für Gespanne in der Umgebung. Es gibt wohl einen Ladepark in Autobahnnähe, bei dem, wie bei einer Tankstelle, das Zufahren mit Gespann und „tanken“ problemlos möglich ist. Das Navigationssystem des Ioniq 5 hält diese Information für uns leider nicht bereit.

Beim Alpencamp angekommen werden wir herzlich begrüßt und uns zugleich die Ladeinfrastruktur erklärt. Es stehen hier den Gästen 2 Wallboxen sowie 2 Tesla-Charger kostenlos zur Verfügung. Wir werden gebeten nicht an den Camping-Boxen zu laden. Den Ioniq 5 stellen wir daher neben den Mietwagen des Alpencamp, einen ID.3, und leihen uns dessen Ladekabel. Unser Typ2-Kabel wird warm und lädt nur noch mit 2,2 kW anstelle von 22 kW. Am nächsten Morgen werden wir uns von hier aus vollgeladen aufmachen die Glockner Hochalpenstraße zu erobern. Etwas aufgeregt gehen wir zu Bett.

 

Auf dem Berg kommen alle Trümpfe des E-Antriebs auf einmal zur Geltung.


Samstag. Nach nur wenigen Kilometern vom Alpencamp passieren wir den Gailbergsattel und machen hier unsere ersten Erfahrungen mit engen Kehren und der Rekuperation. Der Energieverbrauch durch die Bergfahrt wird durch die Bergabfahrt zu einem großen Teil wiedereingespeißt. Das Bremspedal betätigen wir nur selten. Durch die Rekuperationsstufe „Level 3“ lässt sich der Wagen auch sehr gut mit dem Gaspedal verzögern. Durch den niedrigen Durchschnittsverbrauch erleichtert fahren wir weiter über Lienz nach Heiligenblut zur Mautstelle der Großglockner Hochalpenstraße. Dort wartet eine Schnellladestion auf uns, an der wir guten Gewissens vorbeifahren. Jetzt sind's nur noch wenige Kilometer bis zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Die Dame am Schalter berichtet freudig von mehreren kostenlosen Ladestationen am Berg. Wir resetten den Bordcomputer und fahren los. Gespannt beobachten wir den Energieverbrauch. Der Ioniq 5 lässt sich nichts anmerken und zieht den T@b souverän bis auf das Parkdeck der Kaiser Franz Josef Höhe. Wir machen Fotos und gehen uns die Beine mit Cinnamon vertreten. Weil’s so einfach war und der Himmel nun die Sonne durchlässt fahren wir rüber zum Hochtor. Dort, wie alle paar Kilometer, wartet eine der kostenlosen Ladesäulen auf uns. Auch, wenn der Verbrauch von Heiligenblut bis nach oben bei über 70 kWh liegt, haben wir noch immer keinen Bedarf uns anzuschließen. Ein par Bilder später trennen wir uns vom Fotografenteam und machen uns auf zurück zum Alpencamp. Beim Bergabfahren fällt uns auf wie ruhig und entspannt wir rollen. Die geräuschlose Kulisse im Elektroauto, die 1-Pedal-Bedienung und dazu das fabelhafte Alpenpanorama haben beruhigenden Einfluss auf die Insassen und kapazitive auf die Batterie. In Kötschach-Mauthen zurück haben wir 191 km zurückgelegt und dabei noch 76 km Restreichweite bei durchschnittlich 26,5 kWh/100 km. Wir haben bei diesem Tagesausflug nicht geladen, wollen das aber jetzt tun. Da heute der ID.3 vermietet ist haben wir kein Leihkabel zur Verfügung und greifen zum NRGkick mit 32A-Adapter. Wir verbinden uns mit einer Starkstrom-Dose im Geräteraum neben der Wallbox. Bis zum Morgen wird uns ein voller Akku zur Verfügung stehen. 
 
Nur 1,2 kW liefert die Steckdose in der Heimgarage.
Aus dem Vorzimmer kommen 2,8 kW. Gut für einen längeren Aufenthalt, aber wir wollen bald weiter.
Wenn die PV genau hergibt, was das Auto braucht.
Das Display der alten Ladesäule beim Bahnhof ist kaum noch lesbar.
Cinnamon fühlt sich im Ioniq sichtbar wohl.
In Klagenfurt stehen wir erstmals über mehrere Ladeplätze.
Abendstimmung im Gailtal, kurz vor Kötschach-Mauthen.
Der ID.3 ist ein Mietauto und steht Gästen des Alpencamps und übers lokale Carsharing zur Verfügung.
Den Trafo lassen wir links liegen. Die Dame am Schalter erkennt uns als elektrisch Reisende und wirbt für die Ladestationen am Berg. Wir haben die ersten Pässe nun hinter uns und sind unbesorgt was die Reichweite für die heutige Etappe betrifft.
Letztendlich völlig problemlos und entspannt war die Fahrt bis zu diesem Panorama. Hier bei der Kaiser Franz-Josefs-Höhe.
Das Auf und Ab am Glockner sorgt für den geringsten Tagesverbrauch der gesamten Tour.
Tatsächlich: Wie hier am Hochtor warten zahlreiche kostenlose Ladestationen entlang der Großglockner Hochalpenstraße auf Elektroautos.
Wie hier am Hochtor warten zahlreiche kostenlose Ladestationen entlang der Großglockner Hochalpenstraße
Das Spiel mit der Rekuperation am Berg ist regelrecht unterhaltsam.
Sie sind viel unterwegs und möchten sich ein mobiles Ladegerät kaufen? Achten Sie dabei auch auf die Länge. Hier zu sehen ist das 7,5 Meter lange Kabel des NRGkicks.
Nicht jede Campingsäule ist für den großen Anschluss der mobilen Ladestation geeignet.
Kein Freund von Autofahrten, im E-Auto aber grundgechillt: Cinnamon.
Sepp Kolbitsch bezeichnet sich selbst als Vorreiter und Fan der E-Mobilität. Die Infrastruktur des Alpencamps legt dafüpr Zeugnis ab.
Beim Alpencamp wird E-Mobilität gelebt.
Leider noch viel zu selten gibt's die Möglichkeit direkt mit Bankomat- oder Kreditkarte zu zahlen
Ein Abzeichen, haben wir uns verdient.
 Sonntag. Heute fahren wir zum Grubhof nach Salzburg. Auch diesmal werden wir die Großglockner Hochalpenstraße passieren. Übers Fuscher Törl, Zell am See und Saalfelden am steinernen Meer fahren wir über Bundesstraßen nach St. Martin bei Lofer. Bei Putschall – ein paar Kilometer vor Heiligenblut - nullen wir den Bordcomputer und erfassen beim Fuschertörl nach 27,2 Kilometern Bergauffahrt 70 kWh/100 km Verbrauch. Von nun an geht’s bergab. Nur dreimal brauchen wir das Bremspedal. Bei Fusch zeigt der Ioniq 5 nach 46,9 Kilometern nur noch 23,9 kWh/100 km und 10% mehr Akkuladung als beim Fuscher Törl an. Ein grandioses Gefühl. Den Grubhof erreichen wir nach gesamt 168,5 Kilometern mit 34 % Restladung und durchschnittlich 27,8 kWh/100 km.

Bei der Rezeption werden wir auf Nachfrage gebeten, nicht am Platz zu laden, sondern stattdessen eine der 6 Ladestationen zu verwenden. Da wir am kommenden Tag keinen Weg haben, machen wir’s uns am freundlich vom Platzwart zugewiesenen Platz gemütlich und lassen den Tag mit einem Spaziergang am Fluss ausklingen.

Montag Abend. Dunkle Wolken ziehen auf und wir möchten den Wagen noch vor Wettereinbruch zur Ladesäule beim Haupthaus bringen. Waren wir naiv in der Planung? Haben wir auf spontane Selbstheilung unseres Typ-2-Kabels gehofft? Es hat ja bisher nicht funktioniert! Und tut’s auch jetzt nicht. Einen Typ-2 Adapter zum NRGkick haben wir nicht und es gibt ihn noch nicht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als mit 2,2 kW mit dem lädierten Kabel zu laden. Der Wind setzt schon ein und mit etwas Eile geht’s – gerade noch rechtzeitig vor dem Wolkenbruch – mit den wichtigsten Sachen aus dem Auto zurück zum Wohnwagen auf den Stellplatz. Gerade noch rechtzeitig vor dem Wolkenbruch. Der Ioniq 5 lädt nun draußen mit offener Ladeklappe bei strömendem Regen. Auch, wenn nichts passieren kann, ein eigenartiges Gefühl. Robert Stainer, der Herr des Grubhofs, kommt nach abklingendem Regen mit dem Waffenrad vorbeigeradelt und fragt durch unser offenes Wohnwagenfenster um unser Wohlbefinden. Bis auf die Sache mit dem Ladekabel ist bei uns alles bestens. Wir haben’s ja auch richtig kuschelig im Riesenbett des T@b. Just ein paar Minuten später steht Robert mit einem fabriksneuen Ladekabel unter unserem Pavillon. Was für eine Überraschung! Als der Regen endgültig aussetzt, tauschen wir die Kabel und legen das neue sicherheitshalber – damit es nicht im nassen Kies liegt – auf eine Decke.
Display und App versichern uns 100 % Akkuladung in wenigen Stunden.

Dienstag. Heute geht’s über St. Johann im Pongau, das Ennstal und das Gesäuse nach Purgstall an der Erlauf zum Aktiv Camp Purgstall. Mittlerweile trauen wir uns sagen, ein Bauchgefühl dafür zu haben, wie weit’s mit dem Ioniq 5 und dem T@b hintan geht. In Liezen soll es einen Hypercharger direkt an der Ennstal Bundesstraße geben. Das sind nicht ganz 200 km von St. Martin aus. Unaufgeregt und mit Autobahn-ähnlichem Durchschnittsverbrauch erreichen wir mit 24 % Ladung den Hypercharger in Liezen. Diesmal blockieren wir mit angehängtem Wohnwagen nur 2 Ladeplätze, halten aber niemanden vom Laden ab. In 41 min laden wir fast 59 kWh. Weiter geht’s übers Gesäuse nach Purgstall. Beim Aktiv Camp angekommen haben wir nach 118 Kilometern noch 58 % Batterieladung zur Verfügung. Hier könnten und dürften wir am Stellplatz den Ioniq 5 laden, haben jedoch keinen Bedarf, weil wir am nächsten Tag die nahegelegene Ladestation, die einer klassischen Tankstelle ähneln soll, einen Besuch abstatten möchten. Es sind noch 2 Tage bis Christi Himmelfahrt. Der Platz ist beinahe leer, weshalb wir uns den Stellpatz unter den Laubbäumen nehmen dürfen.

Mittwoch. So gut geschlafen haben wir schon lange nicht mehr. Nach dem Frühstück packen wir erstmals den Schuko-Adapter aus und versuchen uns an der Umfunktionierung des Ioniq 5 als übergroße Powerbank und schließen den Wohnwagen an: es geht einfach und scheint tadellos zu funktionieren. Intensiv und über mehrere Tage möchten wir das V2L (Vehicle 2 Load) dann am kommenden Wochenende auf den Van Days probieren. Nach einem Austausch mit Heinz Kaiser, Herr des Aktiv Camps, fahren wir zum Ladepark in Pöchlarn. In einem Industriegebiet nahe der Autobahn finden mehrere Hypercharger, erstmals ein Dach über dem Kopf und genug Platz für unser Gespann. So können wir erstmals unbekümmert Schnelladen. Leider fließen anstelle der am Schild ausgeschriebenen 350 kW „nur“ 114 kW durch die Kabel und die WCs und der Warteraum öffnen ihre Türen für uns nicht. Da wir’s bis nach Wien nicht mehr weit haben, beenden wir den Ladevorgang bei gut 80 % und machen uns auf den Weg. Nach 1.350 Kilometern auf Autobahnen, Land- und Bergstraßen erreichen wir Wien um 21:00. Jetzt heißt's wieder packen. Diesmal für drei Tage Messe:  Die Van Days stehen am Programm eine Messe für Selbstausbauer und Individualreisende in Grottenhof bei Leibnitz in der südlichen Steiermark.
Tatsächlich: Wie hier am Hochtor warten zahlreiche kostenlose Ladestationen entlang der Großglockner Hochalpenstraße auf Elektroautos.
In die Campingsäule am Grubhof passt auch der dicke CEE-Adapter. Laden dürfen wir hier aber noch nicht.
Die Nacht über liegt das Kabel im Regen. Die Decke hat vor Schmutz geschützt.
Zum Trocknen aufgehängt und vergessen: diese dienstbare Wolldecke wurde zum Geschenk an den Grubhof.
Das Kombiinstrument gibt Auskunft über den Stromverbrauch, während der Wohnwagen angeschlossen ist.
Das E-Auto als Powerbank: Durch einen Knopf auf dem Adapter wird dem Auto signalisiert, dass wir jetzt Strom brauchen.
Beim Aktiv Camp Purgstall dürfen wir uns den Platz für eine Nacht aussuchen. Dort verschlafen wir den Checkout.
In Pöchlarn bekommen wir nur ein Drittel der 350 kW, dafür aber ein Dach über dem Kopf und abkuppel müssen wir hier auch nicht.
Bei unserem Besuch leider nicht.
48 Stunden lang speißte der Ioniq den T2 uns den Wohnwagen bei den Van Days.
So sieht's aus, wenn man sich zu helfen versucht.
Auch während hoher Luft- und Bodenfeuchtigkeit.
Für alle Situationen gewappnet: Mit einem mobilen Ladekabel und Adaptern ist überall Tankstelle. Hier am Grottenhof.
Nur 1,2 kW liefert die Steckdose in der Heimgarage.
Im Grunde nicht erlaubt ist es, über die Markierungen zu stehen
Start- und Endpunkt der Tour: Wien, ÖAMTC Stützpunkt Erdberg.
Nach über 1.800 Kilometern blieben wir knapp unter 30 kWh pro 100 Kilometer
Donnerstag. Während wir den Wohnwagen messefit machen, lädt der Ioniq an der E-Power-Station am ÖAMTC-Stüctzpunkt in Erdberg. Wir sind fertig, bevor die Batterie zu 100 % geladen ist. Im Wissen, dass unser nächster Halt nur 110 km entfernt ist und es dort auch  Schnelllade-Möglichkeiten gibt, fällt es uns leicht, einfach bei etwa 80 % den Ladevorgang zu beenden. Das fällt uns immer leichter, das G'spür dafür, was notwendig ist, wächst.  Vollgepackt mit tollen Sachen fahren wir am frühen Nachmittag also wieder gen Süden, wieder nach Pinkafeld. Den Wechsel hinauf – von Wien weg – ziehen wir den Wohnwagen mit durchschnittlich 37,6 kWh nach 105 Kilometer.

In Pinkafeld holen wir einen T2a Westaflia aus der Garage. Der Oldie soll mit auf die Van Days kommen. Beim Ionity-Hypercharger, nahe der Autobahnabfahrt Pinkafeld, hängen wir den Wohnwagen ab und laden den Akku um 48,35 kWh in 37 Minuten voll. In der Zwischenzeit haben wir den T2 getankt und gewaschen. Ab geht's nach Leibnitz!

Nach 120 Kilometern erreichen wir den Grottenhof mit 41 Prozent Restladung und bauen das Camping-Setup auf. Auf den verfügbaren Stromanschluss verzichten wir. Wohnwagen und Campingbus werden von jetzt an mit dem Strom aus dem Auto versorgt. Mit Kühlschränken, Licht, Laptops und Smartphones angesteckt zeigt das Display im Kombiinstrument, dass etwa 0,3 kW durch den Adapter am Heck aus der Batterie fließen. Das Auto beendet die Stromabgabe bei 20 Prozent. Wir sind gespannt, wann der Zeitpunkt kommt, wo die Butter schmilzt.

Freitag. Über die vergangene Nacht und den ganzen Tag über gibt unser Auto ohne Unterbrechung Strom ab. Die Wettervorhersage prophezeit für Abend starken Regen, der uns über die kommenden Tage bleiben soll. Für den T2 bringt uns ein Mitarbeiter von Kledo ein Sonnensegel, mit dessen Aufbau wir just mit den ersten Tropfen des Unwetters fertig sind. Ein Plastiksackerl soll den Stromanschluss und den Adapter am Auto schützen. Wahrscheinlich wirkt auf die Verbindung nur homöopathisch, wir sind aber deutlich beruhigter. Das Kombiinstrument spricht nach 24 Stunden von 7 Prozent weniger Akkuladung.

Samstag. Es hat die ganze Nacht geregnet und stark abgekühlt. Den Wohnwagen wärmt am Vormittag ein Heizlüfter. Der Himmel ist bewölkt, den ganzen Tag über wird es immer wieder regnen. Für Kaffee und Tee kochen wir immer wieder Wasser, Laptops und Smartphones hängen an der Dose. Es ist ein langer Tag mit hohem Komfortbedarf. Um 20 Uhr sind die Lichter dann aus. Der Ioniq hat nach 48 Stunden 20 Prozent Restladung erreicht. 21 Prozent in zwei Tagen also. Wir haben es uns an nichts fehlen lassen und sind entsprechend erstaunt, wie lange wir mit so wenig Batteriekapazität ausgekommen sind. Wir stecken um auf die örtliche Stromversorgung und lassen den Abend bei Lagerfeuern und Tischgrills ausklingen.

Sonntag. Weil zum Starkstromanschluss beim Messestand nebenan ein paar Meter fürs Ladekabel gefehlt haben, machen wir den Lückenschluss erst 90 Minuten vor Abfahrt, als der Messestand unserer Nachbarn schon leer ist. Noch immer regnet es immer wieder. Das hochpreisige ePower-Ladekabel liegt sicher im Trockenen, während der Rest des Autos im Regen steht. Wir wollen ja kein nasses Kabel verstauen. Nachdem der Stand abgebaut und alles verstaut ist, machen wir uns wieder nach Pinkafeld auf. Trotz der zur Hinfahrt vergleichsweise geringen Akkuladung schaffen wir es zurück nach Pinkafeld ohne Zwischenstopp. Mit nur einem Prozent Kapazität rollt das Gespann von der Autobahnabfahrt hinunter zum ehemaligen Bahnhof Pinkafelds. Das Schnellladekabel der dortigen Ladesäule dient schon einem Niro, übrig ist ein Typ2-Stecker mit 11 kW. Das spielt jetzt keine Rolle, weil wir jetzt nehmen, was wir bekommen können, von der Ladesäule, die wir vor neun Tagen noch vermieden haben. Der Wohnwagen ist dabei abgehängt. So nutzen wir die Zeit, während wir den T2 wieder garagieren. Reminder: Nach 35 Minuten ist hier Schluss mit Strom, länger dauert’s Garagieren aber eh nicht. Den Wohnwagen wieder angehängt, es regnet immer noch, fahren wir zwei Kilometer den Berg hinauf zum Hypercharger. Glücklicherweise lädt gerade kein anderes Fahrzeug. So stellen wir uns über drei Parkplätze. Einen trockenen Unterschlupf bietet jetzt nur das Auto oder der Wohnwagen. Dort sortieren wir jetzt schonmal unsere Sachen für die Ankunft in Wien.
Nach etwa 15 Minuten quetscht sich ein ID.4 zur vierten Säule. Der Fahrer steckt geschwind das Kabel an und huscht wieder ins Auto. Dann winkt uns das Paar durch die regennassen Fenster zu. Geschlaucht von den letzten Tagen und im Wissen, dass wir mit ca. 60 Prozent Ladung genug Sicherheiten haben werden, um nach Wien zu kommen, möchten wir schon aufbrechen. Ausparken ist jetzt aber nicht mehr. Erneut hängen wir den Wohnwagen ab, schieben ihn auf einen leeren Platz, nur um mit dem Auto auszuparken und ihn wieder anzuhängen. Ab nach Hause. Bei Leobersdorf machen wir einen Kaffee-Stopp bei einem Schnellrestaurant. Bei der Parkplatzsuche finden wir dort zu unserer Überraschung vier Schnellladeparkplätze. Auf jedem steht ein Auto mit Verbrennungsmotor. Wir brauchen eh keinen Strom, fahren weiter und finden Platz für das Gespann beim Parkplatz des Supermarkts daneben. Eine Stunde später endet unsere Tour in Wien.

Wir haben in zehn Tagen 1.850 Kilometer zurückgelegt, dabei durchschnittlich 29,7 kWh pro 100 Kilometer gebraucht, dafür 16 Ladevorgänge gemacht,  immer entweder Klimaanlage oder Sitzbelüftung laufen gehabt, selten das Bremspedal berührt, beim Verzögern und beim Bergabfahren sehr viel Energie erzeugt und Entspannung schon während der Fahrt gefunden. Was bleibt ist ein positives Gefühl und Vorfreude aufs nächste Mal.

Dabei würden wir im Vorhinein nach Anhänger-freundlichen Ladestationen entlang der Route suchen. Leider hatten wir bei 15 der 16 Ladestationen kein Dach über dem Kopf. Zwei der vier angefahrenen Hypercharger waren von der Straße aus nicht beschildert und selbst am Gelände schlecht zu finden. Die üblichen Apps bieten wenig Information über die Auslegung des Ladeparks. Auf www.goingelectric.de/stromtankstellen gibt es Bilder und Zusatzinformationen zu den Tankstellen von Elektroauto-Fahrern, was bei der Suche helfen kann. Denn es kommt der Punkt, an dem das Ab- und Anhängen des Wohnwagens an Witz verliert.

Infos
Umweltfreundliche Campingplätze
www.umweltzeichen.at/de/tourismus/campingplätze
www.greencampings.at
www.ecocamping.de
 
Alpencamp Kötschach-Mauthen
9640 Kötschach-Mauthen
Tel. 04715 429
www.alpencamp.at
www.campingclub.at/alpencamp_kaernten
Laden: Kostenlos bei vier Wallboxen, am Platz über die Campingsäule nicht erwünscht. Gäste können einen VW ID.3 mieten.

Camping Grubhof
5092 St. Martin bei Lofer
Tel. 06588 823 70
www.grubhof.com
www.campingclub.at/grubhof_camping
Laden: 3 x 2 Wallboxen über das Gelände verteilt. Abrechnung über eigene Ladekarte. Laden über die Campingsäule derzeit nicht gestattet, wird aber ab Frühjahr 2023 ermöglicht. 

Aktiv Camp Purgstall
3251 Purgstall an der Erlauf
Tel. 07489 20 15
www.topcamp.at
www.campingclub.at/aktiv_camp_purgstall
Laden: Ladesäule mit zwei Anschlüssen am Parkplatz beim Empfang. Abrechnung über Gästekarte mit speziellem Tarif oder eigener Ladekarte. Laden auch über Campingsäule am Platz möglich.

Autor: Michael Szemes
Bilder: Dominic Goebel, Michael Szemes

Auch zu lesen in der Camping Revue 5/2022.
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Mit freundlicher Unterstützung der drei Partner-Campingplätze und Hyundai Österreich.


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